Der Text von 4.48 Psychose zerfällt in Fragmente, Dialoge deuten sich an und lösen sich in Monologen auf, Zitatsplitter wechseln mit Tiraden und obwohl sich der Stoff einer eindeutigen Interpretation entzieht, entfaltet er eine beunruhigende innere Logik, einen Rhythmus, der in seinen Bann zieht.
Kane verzichtet auf die Zuweisung von Rollen oder gar Figuren - es könnten mehrere Personen sein, die hier sprechen oder auch nur eine einzige, die mit sich selbst im Disput ist. Entsprechend unterschiedlich wurde das Stück in seinen zahlreichen Inszenierungen auch interpretiert - als Monolog, als vielstimmige Sprechoper oder Chor. Was Bühnenraum oder Ort betrifft, enthält sich Kane ebenfalls jeder konkreten Vorgabe.
Der Titel des Stücks bezieht sich auf ihre Erfahrungen in der Psychatrie, wo für sie der Moment der Klarheit stets um 4.48 Uhr eintrat - im Morgengrauen, wenn die Wirkung der Medikamente zu schwinden schien. Aus diesen Erfahrungen schöpft der Text auch sein Material, bleibt aber keineswegs darauf beschränkt, sondern spiegelt einen elementaren menschlichen Bewusstseinskrieg wieder, der letztlich in jedem von uns toben könnte. Nicht zuletzt wird er manchmal auch als ein Protokoll ihres Weges in den Selbstmord gelesen und die Überlegungen der Autorin diesbezüglich spielen eine wichtige Rolle, wenngleich man die poetische und philosophische Wucht des Stückes nicht darauf reduzieren sollte.